Wir stellen vor: Erich Weidinger - Autor, Vorleser und Buchhändler

 Interview mit Erich Weidinger 


TIPP: https://www.erich-weidinger.at/

    👀  Bücherei Ebensee:

     Herr Weidinger, Sie haben bereits viele Lesungen für Kinder durchgeführt. Auch in Ebensee durften wir Sie im Namen der Bücherei Ebensee zu einer Lesung begrüßen. Warum engagieren Sie sich besonders für die Kinder und die Jugend?

👨 Erich Weidinger:

Wir alle wissen, dass sinnerfassendes Lesen für alle Lebenslagen wichtig ist. Die meisten LeserInnen sind bereit, sich emotionell und auch intellektuell auf das Gelesene einzulassen. Beim Lesen findet Bildung auf vielen Ebenen statt. Das möchte ich den Kindern und Jugendlichen nahebringen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten, ist es wichtig für vieles offen zu sein und sich selbst auch zu gestatten seine Ansichten und Meinungen immer wieder in Frage zu stellen. Diesen Prozess und diese Fähigkeit sollte man möglichst früh fördern.

    👀  Bücherei Ebensee:

     Sie leben und arbeiten am Attersee und haben sich besonders mit dem Sagenschatz unserer Heimat beschäftigt. Was fasziniert Sie an dieser Form    der Literatur?

👨 Erich Weidinger:

Sagen berichten von unseren Vorfahren, erzählen von unserer Gegend und erklären so manch Geschichtliches und    Gesellschaftliches in kurzer und auch unterhaltsamer Form. Bei der Recherche zu meinen Sagenbüchern durfte ich mit unterschiedlichsten Menschen sprechen, habe spannende Orte und Dinge entdeckt und auch nebenbei wirklich viel gelernt. Interessant wird es vor allem dann, wenn man diese Geschichten mit unserer Zeit verknüpfen kann.

 

     👀  Bücherei Ebensee:

     Sie haben aber auch andere Kinderbücher veröffentlich. Zu welchen Themen?

👨 Erich Weidinger;

Goethes „Zauberlehrling“ habe ich für Kinder neu erzählt. Ich liebe diese Ballade und erzählte (schon vor dem Plan, ein Buch daraus zu machen) bei vielen Lesungen den Kindern in meinen Worten diese Geschichte und habe anschließend das Original vorgelesen. Eine spannende und auch lustige Erzählung ist daraus geworden und wieder mit Altem verknüpft. Weiters habe ich mehrere Anthologien (wieder ein altes Wort)herausgegeben. Die aktuelle erscheint im Sommer 2021 und enthält Sport-Geschichten für junge LeserInnen von 8 bis 11 Jahren und darüber hinaus.

 

4. 👀  Bücherei Ebensee:

       Ihr letztes Projekt für Kinder war ein Buch mit Kurzkrimis für 8 – 11 jährige   Kinder. Wie Sie mir erzählt haben, haben Sie damit aber auch weitere spannende    Aufgaben übernommen.

👨 Erich Weidinger:

Der Krimi funktioniert genreübergreifend. Egal ob spannend, lustig, gesellschaftskritisch oder auch dystopisch. Er bietet sich als eine ideale Form für Leseförderung an. Deshalb habe ich das Buch „Diebe gibt es überall“ im Obelisk Verlag herausgebracht. Es enthält verschiedenste Erzählungen von mehreren AutorInnen. 

Als Mitglied im Syndikat (deutsche Krimi-   AutorInnenvereinigung) bin ich seit drei Jahren für den einzigen deutschsprachigen Kinder und Jugendkrimipreis zuständig: dem Glauser-Preis. 

Dafür lesen AutorInnen und Kinder bzw. Jugendliche viele eingereichte Bücher, um im darauffolgenden Jahr die besten auszuwählen und zu prämieren.

 

5 👀  Bücherei Ebensee:

     Die Leseleistung der Kinder nimmt, wie aus den internationalen Untersuchungen bekannt ist, ständig ab. Lesen öffnet aber das Tor zur Welt. Was können Sie Eltern raten, wie sie ihre Kinder unterstützen können, mehr Freude am Lesen zu haben.

    👨 Erich Weidinger:

    Eltern, die selber nicht lesen, werden es schwierig haben, ihre    Kinder zum Lesen zu bringen. Erwachsene sollten immer wieder mal ein Kinder- bzw. Jugendbuch lesen, um die Welt der Jüngeren zu verstehen und mal aus einer anderen Sicht zu betrachten. Ich kann sagen, das macht wirklich Spaß. Lesen        sie ihren Kindern und eventuell auch den Jugendlichen ein Kinder-/Jugendbuch vor, das ihnen Spaß macht oder sie aus        anderen Gründen begeistert. Diese Begeisterung schlägt über und vielleicht haben sie geschafft, dass ihr Sprössling das Buch nun selber fertig lesen möchte.

6. .👀  Bücherei Ebensee: 

      In der Bücherei Ebensee spüren wir wie in anderen Büchereien das Fehlen der jugendlichen Leser. Können Sie das als Buchhändler bestätigen?

    👨 Erich Weidinger:

Das kann ich bis zu einem gewissen Grad bestätigen. Die LeserInnen im fortgeschrittenem Jugendalter werden weniger. Doch ist das nicht nur ein Zeichen der Zeit, das war immer schon so. Ich selber, immer schon ein Vielleser, habe im Alter von 15 bis 17 Jahren bedeutend weniger gelesen. Natürlich beanspruchen die neuen Medien viel Zeit für sich, die für das entschleunigende Lesen fehlen. Und das Leben alleine benötigt schon in diesen jungen Jahren so viel Energie und Zeit, dass natürlich anderes zu kurz kommt. Doch das ist nicht nur bei den Jugendlichen so. LeserInnen bleiben LeserInnen, auch wenn es mal eine (fast) lesefreie Zeitspanne gibt.

👀  Bücherei Ebensee:

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

👨 Erich Weidinger:

Ich wünsche mir, dass wir wieder unsere soziale Kontakte pflegen können...dass wir in unserer Gesellschaft wieder zusammenfinden und nicht die Gespaltenheit weiterleben, die uns unsere Politiker seit einem Jahr vorleben. 

Ich wünsche mir persönlich, wieder in Schulen und anderen Orten vorlesen zu dürfen, in ein Konzert oder ein Theater zu gehen. 

Ich wünsche mir, dass die Dystopie in der wir seit einem Jahr leben, wieder in die Welt der Literatur und Geschichtenerzähler zurückfindet und uns in unserem realen Leben verschont. 

Klar ist, dass das Leben danach nicht wieder so sein wird wie    davor. 

Lasst uns dies meistern, möglichst ohne Frust und Verzweiflung, dafür mit Hoffnung und viel Elan.

👀  Bücherei Ebensee:

Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen! 

Wir dürfen uns Ihren Worten anschließen, mit Ihnen den Blick nach vorn richten und allen LeserInnen Mut und Zuversicht, sowie alles Gute wünschen.


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